Gezielte Therapien und frühere Erkennung

Ende Jahr wurden zwei Forschungsarbeiten mit dem «Annemarie Opprecht Preis 2023» ausgezeichnet, die grundlegende Mechanismen auf zellulärer Ebene aufzeigen, die für die Entstehung der Parkinsonkrankheit mitverantwortlich sind. Einer der Preisgewinner ist Prof. D. James Surmeier von der Feinberg School of Medicine, Northwestern University, in Chicago. Seinem Team gelang es, bei Mäusen einen bestimmen Stoffwechselvorgang so zu verändern, dass sie Parkinson ähnliche Symptome entwickelten. Dies betrifft die Mitochondrien, wo die Energie für die Zellen bereitgestellt wird. Im Interview erklärt er, was der Preis für ihn bedeutet. Und wie das gewonnene Wissen genutzt werden kann, um die Behandlung von Parkinsonbetroffenen zu verbessern.

Prof. Surmeier hat konkrete Behandlungsziele.

 

Prof. Surmeier, was bedeutet Ihnen der Annemarie-Opprecht-Parkinson-Preis?
Für Forschende ist es schwierig zu beurteilen, wie wirkungsvoll eine Entdeckung wirklich ist. Die einzig wahre Einschätzung der Bedeutung unserer Arbeit kommt von unseren Kolleginnen und Kollegen sowie von Gruppen wie der Annemarie-Opprecht-Stiftung. Diese Auszeichnung zeigt mir, dass wir in der Tat etwas Wichtiges erreicht haben - eine Erkenntnis, die nicht nur das Leben von Parkinson-Patienten und ihren Familien verändern könnte, sondern uns möglicherweise näherbringt, die Krankheit zu beseitigen.

Der Preis ist hoch dotiert. Wofür verwenden Sie das Preisgeld?
Das Preisgeld wird mir helfen, mich auf das Hauptziel unseres Forschungsprogramms zu konzentrieren - eine Heilung und bessere Behandlungen für Parkinsonbetroffene zu finden.

Welche Rolle spielen Preise wie jener von Annemarie Opprecht für die Parkinsonforschung?
Es gibt drei miteinander verbundene Möglichkeiten, wie solche Preise das Fachgebiet voranbringen. Erstens erhöhen sie die Sichtbarkeit der Parkinsonforschung, sowohl für Laien als auch in der wissenschaftlichen Gemeinschaft. Dadurch werden zweitens junge Menschen ermutigt, sich auf diesem Forschungsgebiet zu betätigen. Und drittens verschafft der Preis den Forschungsteams die Art von Anerkennung, die weitere Unterstützung durch ihre Einrichtungen und durch andere private Stiftungen zur Folge haben.

Wie können die von Ihnen und Ihrem Team gewonnenen Erkenntnisse für Therapien eingesetzt werden? Und wie lange wird das dauern?
Unsere Studien haben drei Schlüsselmerkmale von Parkinson aufgedeckt, die das Potenzial haben, umgesetzt zu werden. Zwei möchte ich hier kurz vorstellen. Erstens haben unsere Studien gezeigt, dass eine Störung in den Mitochondrien (im mitochondrialen Komplexes I, MCI) in dopaminergen Neuronen ausreicht, um in Mäusen einen sehr menschenähnlichen Parkinsonismus hervorzurufen. Um diese Erkenntnis umzusetzen, suchen wir nach den Ursachen der MCI-Funktionsstörung. Dabei konzentrieren wir uns unter anderem auf die potenzielle Rolle der Alpha-Synuclein-Pathologie im Zusammenspiel mit Alter und Umweltgiften. Parallel dazu untersuchen wir die Möglichkeit, geschädigtes MCI durch eine Art «Ersatzreifen» zu ersetzen, der mit einer Gentherapie verabreicht werden kann. Diese Studien sollen in den nächsten drei bis fünf Jahren abgeschlossen werden.

Worauf liegt der zweite Fokus?
Eine der grössten Lücken ist die Entwicklung von Biomarkern für Parkinson im Vorstadium. Wenn wir genau vorhersagen könnten, wer in fünf oder zehn Jahren an Parkinson erkrankt, wäre dies ein grosser Schritt zur Entwicklung von Therapien. Bei fortschreitenden Krankheiten wie Parkinson ist ein frühzeitiges Eingreifen entscheidend. In unserem Mausmodell gibt es eine ausgedehnte Vorlaufphase, in der die zugrunde liegende Gehirnpathologie eng mit dem übereinstimmt, was wir beim Menschen vermuten. Dabei verwenden wir Ansätze des maschinellen Lernens und der künstlichen Intelligenz, um Verhaltensweisen zu definieren, die eine Vorhersage einer späteren Parkinsonerkrankung erlauben. Die Hoffnung ist, dass diese Methoden bei jährlichen Kontrolluntersuchungen eingesetzt werden können, um Parkinson frühzeitig zu diagnostizieren. Darüber hinaus arbeiten wir an der Entwicklung von Biomarkern, die es ermöglichen würden, Parkinson im Frühstadium zu erkennen. Die Analyse schreitet voran, und wir hoffen, dass wir in den nächsten zwei bis drei Jahren einige Richtlinien vorlegen können.

Preisgekrönte wissenschaftliche Arbeit von Prof. Surmeier et al: Disruption of mitochondrial complex I induces progressive parkinsonism. NATURE 599: 650-656 (2021).

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