Damit Angehörige nicht ausbrennen

Claudia Gabriel, Pflegeexpertin am Kantonsspital Luzern, erkennt, wenn pflegende Angehörige an ihre Grenzen kommen, und weiss aus langjähriger Erfahrung in der Pflegesprechstunde für Parkinsonbetroffene und ihre Angehörigen, was es für wirksame Entlastung braucht. Im Gespräch gibt sie konkrete Tipps und erläutert, worauf es in herausfordernden Betreuungssituationen ankommt.

Welchen Belastungen sind pflegende Angehörige von Parkinsonbetroffenen ausgesetzt?

Die sind sehr vielfältig, und sie hängen von der Phase der Erkrankung ab. Am Anfang dominieren Ungewissheit und Ängste, es stellen sich grundsätzliche Fragen zu den Lebensplänen. Mit dem Fortschreiten der Erkrankung verschiebt sich der Fokus. 

Was gewinnt an Bedeutung?

Leiden Betroffene unter Fluktuationen oder sind rasch erschöpft, wird es schwieriger, die Zeit zu planen und gemeinsame Vorhaben umzusetzen. Im Haushalt bleiben mehr Arbeiten an Angehörigen hängen. Zudem fühlen sie sich oftmals verantwortlich, dass der Partner oder die Partnerin die von Fachleuten empfohlenen Übungen auch macht. Das alles ist auf Dauer sehr belastend. 

Ist es vor allem die viele Arbeit, die Angehörigen zu schaffen macht?

Nicht nur. Ständig aufmerksam und in Bereitschaft zu sein, ob die betroffene Person beim Aufstehen oder bei einer Blockade Unterstützung braucht: Auch das kostet sehr viel Energie. Das kann so weit führen, dass sich Angehörige nicht
mehr getrauen, das Haus zu verlassen. 

Was sind Warnsignale, sich in der Betreuung zu überfordern?

Wenn sie immer mehr Aussenaktivitäten aufgegeben, also nicht mehr im Turnverein mitmachen oder die Kaffeerunde ausfallen lassen. Auch wer über längere Zeit schlecht schläft, hat seine Reserven aufgebracht. Oder wenn jemand schnell die Geduld mit Betroffenen verliert.

Wie können Sie Angehörige unterstützen? Wie gehen Sie bei Ihrer Arbeit vor?

Ich schaue mir die Belastung und Entlastung in einer Familie systemisch an. Dabei habe ich immer die verfügbaren Ressourcen im Blick. Hilfreich ist, ein sogenanntes Geno-Öko-Beziehungsdiagramm zu zeichnen. Dazu gehört ein Stammbaum mit Familie und Verwandten sowie weiteren wichtigen Personen aus ihrem Umfeld. Wird das soziale Umfeld so sichtbar gemacht, können konkretere Unterstützungsideen abgeleitet werden. 

Wie beurteilen Sie das Angebot an externer Unterstützung?

Ob Spitex oder eine Haushaltshilfe: Angehörige müssen Vertrauen in die Leute haben, die zu ihnen nach Hause kommen. Es darf nicht zu weiterem Stress führen. Was die Betreuung von Betroffenen angeht, gibt es leider Grenzen. Es fehlen Entlastungsmöglichkeiten, etwa in der Nacht. Und gerade im ländlichen Raum gibt es nicht genügend Angebote, Doch es gibt auch positive Entwicklungen, etwa Tagesplätze auf einem Bauernhof, wo Betroffenen aktiv am Tagesgeschehen beteiligt sind.

Lina Fonseca

Leiterin Fachbereich Pflege und Weiterbildungen

Pflegefachfrau HF, Parkinson Nurse

043 277 20 69
lina.fonseca(at)parkinson.ch

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