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Über Schmerzen sprechen

Sehr viele Parkinsonbetroffene leiden unter Schmerzen. Prof. Dr. med. Veit Mylius beschäftigt sich seit vielen Jahren intensiv mit dem Zusammenhang zwischen Parkinson und Schmerzen. Im Interview erklärt der leitende Arzt Neurologie im Rehazentrum Valens, weshalb die Symptome dennoch häufig übersehen werden. Und was Betroffene tun können, damit sie die richtige Therapie erhalten.


Sie sind heute einer der weltweit wichtigen Forscher, die sich dem Thema Schmerzen bei Parkinson verschrieben haben. Wie kam es dazu? 
Prof. Dr. med. Veit Mylius: 2001 war ich in Deutschland an einem Projekt zu Schmerzen bei Demenz beteiligt. Hier zeigte sich die Schwierigkeit, dass demente Patienten Schmerzen häufig nicht richtig ausdrücken können. Mit dem Thema habe ich mich auch beschäftigt, als ich danach an einem Schmerzambulatorium und in einer auf Parkinson spezialisierten Klinik tätig war. Es hat mich seither nicht mehr losgelassen.

Über zwei Drittel der Parkinsonbetroffenen leiden unter chronischen Schmerzen. Warum sind Schmerzen so häufig? 
Schmerzen können in unterschiedlichen Phasen der Parkinsonerkrankung auftreten. Als Frühsymptome, später im Verlauf der Erkrankung, zum Beispiel durch Haltungsstörungen mitbedingt. Und auch das Alter spielt eine Rolle. Viele Betroffene sind in fortgeschrittenem Alter, dann treten Schmerzen generell häufiger auf.

Das heisst, es gibt eine Vielzahl von Auslösern von Schmerzen. 
Ja, das ist der Kern der Übersichtsstudie, die ich mit einem internationalen Team von Forschenden kürzlich in Lancet Neurology publizieren konnte. Hier zeigen wir eine Methode auf, mit der sich klären lässt, wann Schmerzen etwas mit Parkinson zu tun haben und wann nicht.

Gemäss der Studie werden Schmerzen noch immer häufig übersehen. Weshalb ist das so?
Ich denke, das liegt daran, dass Fachleute den Zusammenhang zwischen Schmerzen und Parkinson häufig nicht sehen. Sie denken einfach nicht daran. Die andere Schwierigkeit liegt darin, dass nicht differenziert wird, ob die Schmerzen mit Parkinson zu tun haben oder nicht. Stattdessen werden gewöhnliche Schmerzmittel verabreicht. Bei Schmerzen, deren Ursache Parkinson ist, hilft das nur bedingt.

Das heisst, Schmerzen werden vielfach als Knochen-, Muskel- oder Gelenkschmerzen eingeordnet? 
Ja. So kann es dann vorkommen, dass Betroffenen bei Schmerzen, die im Zusammenhang mit ihrer Erkrankung stehen, von einem Orthopäden behandelt werden und nicht von einer Parkinsonfachperson.

Welches Problem resultiert daraus?
Schmerzen, die von Parkinson herrühren, werden entweder mit gewöhnlichen Schmerzmitteln behandelt oder gar nicht. Deshalb ist die Unterscheidung so wichtig, die wir mit dem in der Studie vorgestellten Fragebogen machen. Bei Schmerzen, die mit Parkinson in Verbindung stehen, sollte zuerst die Medikation überprüft und allenfalls angepasst werden, vor allem wenn die Schmerzen in Off-Phasen auftreten. Bei Schmerzen, die nichts mit Parkinson zu tun haben, sollten weitere Abklärungen gemacht werden, um die Ursache zu finden.

Nehmen Fachleute das Thema Schmerz nicht ernst genug? 
Das würde ich nicht sagen. Eher sind es Betroffene, die nicht früh genug von ihren Schmerzen berichten. Häufig sind es motorische Symptome, die im Vordergrund stehen und beim Arztbesuch angesprochen werden.

Das heisst, Betroffene sollten häufiger von ihren Schmerzen berichten?
Genau. Dazu gibt es den Befindlichkeitsspiegel von Parkinson Schweiz, mit dem nicht-motorische Symptome erfasst werden. Ein Abschnitt behandelt Schmerzen. Das ist sehr hilfreich, um sich auf einen Arztbesuch vorzubereiten.

Oktober 2025

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Im Journal 3/2025 berichteten wir im Schwerpunkt-Artikel zu diesem Thema. Der Beitrag ist ab Mitte Dezember auf unserer Webseite verfügbar.

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