Interesse, Leidenschaft und eine stabile Finanzierung

Prof. Dr. Elke Steudter, Pflegewissenschaftlerin und Studiengangleiterin an der Careum Hochschule Gesundheit, hat untersucht, was es braucht, damit Pflegende Menschen, die mit Parkinson leben, kompetent begleiten können. Im Interview erklärt sie, weshalb persönliche Faktoren wie Interesse der Pflegenden sowie Leidenschaft für das Fachgebiet und die von Parkinson betroffenen Menschen wichtig sind. Und weshalb eine stabile Finanzierung erforderlich ist.

Wie steht es um die Betreuung von Parkinsonbetroffenen in Heimen und Spitälern in der Schweiz? 
Prof. Dr. Elke Steudter: Der Auftrag von Heimen und Spitälern für Menschen, die mit Parkinson leben, ist unterschiedlich. In Pflegeheimen leben Menschen, die ihre letzten Lebensjahre dort verbringen und auf pflegerische Hilfe angewiesen sind. Dies gilt auch für Parkinsonbetroffene. Hier ist es wesentlich, die Lebensqualität zu fördern und bestmöglich zu erhalten, Komplikationen zu vermeiden und die Betroffenen im Alltag zu begleiten. Das pflegerische Spektrum in der Langzeitpflege reicht von den altersbedingten Veränderungen bis zu den Herausforderungen, die die Pflege mit sich bringt. Die Pflegenden müssen all diesen Aspekten gerecht werden.

Und wie ist die Situation in Spitälern?
In einem Spital stehen andere Aufgaben im Vordergrund. Dazu gehören zum einen die Diagnostik und zum andern die verschiedenen – zum Teil invasiven – Behandlungsmöglichkeiten. In der Regel treten Parkinsonbetroffene ins Spital ein, wenn sich ihr Gesundheitszustand stark verschlechtert hat. In grossen Spitälern bestehen dafür spezialisierte Abteilungen, in denen Fachpersonen arbeiten, die auf die Pflege von Menschen mit Morbus Parkinson spezialisiert sind.

Welche Herausforderungen sehen Sie? 
Damit Menschen, die mit Parkinson leben, auch in Zukunft professionell gepflegt werden können, müssen ausreichend viele aus- und weitergebildete Pflegende in den verschiedenen Krankheitsphasen zur Verfügung stehen. Die Zusammenarbeit zwischen den Berufsgruppen sowie zwischen Spitälern, Heimen und Hausärztinnen und -ärzten  sollte weiter verbessert werden. Dabei sollten die Ziele und die Bedürfnisse der Parkinsonbetroffenen und ihrer Angehörigen im Zentrum stehen. Dieser personenzentrierte Ansatz sollte sich in der Praxis weiter etablieren. Dazu braucht es entsprechende Konzepte, was Fachpersonen, Zeit und eine stabile und langfristige Finanzierung erfordert.

Sie haben ein von Parkinson Schweiz mitunterstütztes Forschungsprojekt geleitet. Darin wurde untersucht, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit Pflegende Menschen, die mit Parkinson leben, kompetent begleiten können. Was sind die wichtigsten Erkenntnisse?
Zunächst sollten wir klären, was Kompetenz bedeutet. Was die verschiedenen Definitionen eint, ist die Fähigkeit, selbstorganisiert in neuen, ergebnisoffenen und dynamischen Situationen zu denken und zu handeln. Um dies in der Parkinsonpflege zu erreichen, müssen verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein. Unser Projekt hat gezeigt, dass man diese in pflegerische Fertigkeiten, in berufsbezogene und in persönliche Faktoren unterscheiden kann. 

Können Sie Beispiele nennen? 
Es ist ein komplexer Prozess, ich greife hier nur zwei Aspekte auf: Eine wichtige Basis bilden das Fachwissen und die Erfahrung, die jemand in der Pflege von Menschen, die mit Parkinson leben, sammelt. Beides muss kontinuierlich wachsen. Ganz wichtig sind aber auch die persönlichen Faktoren. Hierzu zählen das Interesse der Pflegenden am Fachgebiet, die Fähigkeit zur Empathie sowie die Leidenschaft, die sich im Laufe der Berufstätigkeit für das Fachgebiet und die von Parkinson betroffenen Menschen entwickelt. Erst wenn all diese Faktoren kontinuierlich zusammenspielen und mit den praktischen Tätigkeiten der Pflegenden kombiniert werden, entwickelt sich laut unserer Projektdaten pflegerische Parkinsonkompetenz.

Wie können die Erkenntnisse der Studie umgesetzt werden?
Meine Kolleginnen und ich konnten die Ergebnisse bereits mehrmals präsentieren und so der Pflegepraxis zugänglich machen. Eine Veröffentlichung ist geplant. Unsere Auswertungen fliessen auch in den Weiterbildungsstudiengang CAS FH in Parkinson Care an der Careum Hochschule Gesundheit ein. Dabei zeigt sich, dass neben den fachlichen Inhalten auch die persönliche Entwicklung der Fachpersonen wichtig ist. Dazu gehört beispielsweise die erweiterte Fähigkeit des übergeordneten, vorausschauenden und vernetzten Denkens und Handelns. Dieser Aspekt ist bereits jetzt Bestandteil der Weiterbildung. In der Praxis können Verantwortliche mit Hilfe des Modells überprüfen, wo die Pflegefachpersonen in Bezug auf ihre individuelle Kompetenzentwicklung stehen und wie diese – beispielsweise durch eine Weiterbildung oder im praktischen Umfeld – unterstützt werden kann.

Wie beurteilen Sie das heute verfügbare Angebot an Weiterbildungen für Pflegende?
An vielen Orten der Schweiz können sich Pflegende an einer (Fach-)Hochschule oder einer Bildungseinrichtung weiterbilden, auch bezüglich Parkinson. Je nach Abschluss können die Pflegenden unterschiedliche Wege gehen: Es gibt Kurse, Module oder formale Abschlüsse, wie den bereits erwähnten CAS in Parkinson Care, in dem die Studierenden die oben genannten Fähigkeiten entwickeln. Interessierte Pflegende sollten durch ihre Vorgesetzten in der Laufbahnplanung unterstützt werden, damit sie ihre individuellen Fähigkeiten optimal einsetzen können. So kann die Weiterbildung mit der Praxis Hand in Hand gehen und der Kompetenzerwerb sinnvoll begleitet werden.

Was wünschen Sie sich in der Pflege von Parkinsonbetroffenen für die Zukunft?
Die Parkinsonpflege ist ein anspruchsvolles und vielseitiges Fachgebiet. Ich wünsche mir Pflegende, die ihr Denken und Handeln kritisch reflektieren, Verantwortung für ihr professionelles Wirken übernehmen und die Entwicklung des Fachgebietes aktiv mitgestalten. In den Teams sollte ein guter Mix zwischen verschiedenen Pflegeabschlüssen und individuellen Fähigkeiten bestehen. So können Parkinsonbetroffenen und ihre Angehörigen möglichst umfassend davon profitieren.
 

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Im Journal 2/2025 berichteten wir im Schwerpunkt-Artikel zu diesem Thema. Der Beitrag ist ab Mitte August auf unserer Webseite verfügbar.

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